Der Versicherungsschutz eines insolventen Unternehmens bedarf einer besonders detaillierten Begutachtung und Bewertung. Die Vertragswerke sind in der Regel so komplex wie die Unternehmensrisiken, die sie absichern sollen.
Deshalb ist die Frage, welche Verträge bis zu welchem Zeitpunkt erhalten bleiben sollen oder gar angepasst werden müssen, ohne entsprechende Expertise oft nur schwer zu beantworten.
Im folgendem Artikel möchten wir Ihnen typische Fehler bezüglich der Nachmeldefrist in einer D&O Versicherung anhand eines Schadenbeispiels aufzeigen, die es zu vermeiden gilt.
Konkret geht es hier um die D&O-Versicherung des ausgeschiedenen Geschäftsführers.
Frühjahr 2016: Ein Produzent aus Werne stellte im März 2016 einen Insolvenzantrag.
Sommer 2017: Der Geschäftsbetrieb wurde eingestellt und der alte Geschäftsführer ist ausgeschieden. Demnach hätte zum 30. Juni die D&O-Versicherung ordentlich gekündigt werden können. Eine angemessene Nachmeldefrist war vertraglich vereinbart da die hierfür erforderliche Mindestvertragslaufzeit erreicht war. Später gemeldete Versicherungsfälle (Claims Made - Anspruchserhebungsprinzip) wären somit gedeckt gewesen. Voraussetzung für gebotenen Versicherungsschutz im Rahmen der Nachmeldefrist ist aber u.a. die ordentliche Kündigung des Versicherungsvertrages.
Der Insolvenzverwalter zahlte die Prämien zunächst weiter, ohne dass hierfür ein sachlicher Grund vorlag.
Sommer 2020: Der Insolvenzverwalter hat drei Jahre später ohne einer ordentlichen Vertragskündigung die Beitragszahlung eingestellt. Zahlungserinnerungen des Versicherers vom 20. August und 29. September blieben unbeantwortet. Daraufhin
Warum tat er dies, wo doch das Verfahren bereits beendet war und die Nachmeldefrist hätte beginnen können? Der Schaden durch Weiterzahlung der Versicherungsbeiträge für die Insolvenzmasse betrug im Ergebnis mehr als 38.500 Euro.
Damit hat der Insolvenzverwalter (sicher ungewollt) Fakten geschaffen, die dem altem Geschäftsführer kurz darauf noch jede Menge Ärger bescheren sollte.
Spätherbst 2020: Der Versicherer spricht die Kündigung zum 11. November aus – mit dem Hinweis auf die Möglichkeit zur Wiederinkraftsetzung des Vertrags innerhalb eines Monats.
Knapp eine Woche später – am 17.11.2020 – erhält der ausgeschiedene Geschäftsführer eine Inanspruchnahme durch das Hauptzollamt über 5.349,75 Euro. Eigentlich wäre dieser Schadensfall (Verletzung des § 64 GmbHG) durch die D&O-Versicherung gedeckt. Weil die Nachmeldefrist aufgrund der Begleitumstände der Vertragskündigung jedoch entfallen ist, besteht für den Geschäftsführer kein Versicherungsschutz. Der Versicherer lehnt die Regulierung des Schadens (zu Recht) ab.
Am 30. November informiert der ehemalige Geschäftsführer den Insolvenzverwalter über die Forderung des Zollamtes und die Ablehnung des Versicherers. Nun kommt es zu zähen Verhandlungen, an deren Ende sich der Versicherer kulant zeigt und die Forderung des Zollamts für den ehemaligen Geschäftsführer begleicht.
Fazit: