Sehr selten schauen sich Insolvenzverwalter die Versicherungsbedingungen zu ihrer Vermögensschadenhaftpflichtversicherung an. Geht es Ihnen genau so? Worauf gilt es überhaupt in der Deckung zu achten?
Wir haben für Sie ein paar Klauseln genauer unter die Lupe genommen die Sie mitversichert haben sollten.
Der grundsätzliche Versicherungsumfang richtet sich nach den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) der Rechtsanwälte. Wie im Artikel „Konzepte zum Versicherungsschutz“ unter „Selbständig laufende Deckung“ beschrieben, kann auch ein Nichtjurist über besondere Bedingungen Versicherungsschutz als Insolvenzverwalter erhalten. Exemplarisch werden zum besseren Verständnis die AVB-RSW der Allianz zu Grunde gelegt. Die Versicherungsbedingungen finden Sie unter anderem auf
Nach § 1 AVB-RSW sind reine Vermögensschäden versichert, was regelmäßig bei einer Pflichtverletzung des Insolvenzverwalters vorliegt. Wenn der Insolvenzverwalter die im Volleigentum eines Dritten befindliche Sache veräußert, verletzt er dessen Aussonderungsrecht. Der frühere Eigentümer hat als Aussonderungsberechtigter Anspruch auf Ersatzaussonderung (§ 48 InsO). Der Insolvenzverwalter haftet nach § 60 InsO auf Schadenersatz gegenüber dem Dritten als früherem Eigentümer. Bei diesem Anspruch handelt es sich um einen versicherten Vermögensschaden.
Gleiches gilt für die Aussonderung von Forderungen und anderen Rechten wie zum Beispiel beschränkte dingliche Rechte wie Nießbrauch, Dienstbarkeiten oder Rechte aus dem Bereich des geistigen Eigentums.
Ebenfalls einen Vermögensschaden stellt die Verletzung von Absonderungsrechten dar, wie einem Pfandrecht (§ 50 InsO), eine Sicherungsübereignung § 51 Nr. 1 InsO, oder ein Recht im Sinne des § 49 InsO. Der Verwalter hat hier die Verwertungsbefugnis (§§ 165, 166 InsO).
Welche Klauseln sollten in der Deckung für Insolvenzverwalter nun beinhaltet sein?
Das Insolvenzverfahren sieht grundsätzlich zwei Möglichkeiten der Abwicklung des Schuldnerunternehmens vor: Das Regelverfahren zur Befriedigung der Gläubiger und die Unternehmenssanierung zur Fortführung des Unternehmens (§ 1 InsO). Die Unternehmensfortführung ist auch Kernaufgabe des vorläufigen Insolvenzverwalters. In beiden Fällen, aber insbesondere bei der Unternehmensfortführung, trifft der Insolvenzverwalter unternehmerische Entscheidungen. Nicht versichert sind aber die spezifischen kaufmännischen Risiken bei der anwaltlichen Tätigkeit und bei den sonstigen mitversicherten Tätigkeiten nach BBR-RA gemäß § 1 AVB-RSW. Der Anwalt ist Organ der Rechtspflege und kein Kaufmann (§ 1 BRAO). Daher besteht auch kein Versicherungsschutz für Haftpflichtansprüche aus der Tätigkeit des Versicherungsnehmers oder seines Personals als Leiter, Geschäftsführer, Vorstands-, Aufsichtsrats-, Beiratsmitglied von Firmen, Unternehmungen, Vereinen, Verbänden; deklaratorisch als Ausschluss formuliert.
Die Tätigkeit eines Insolvenzverwalters unterscheidet sich aber aufgrund des Berufsbildes von der eines Anwalts und auch der eines Unternehmers. Der Insolvenzverwalter muss anders als der Anwalt unternehmerische Entscheidungen treffen. Er ist aber anders als der Unternehmer in seiner Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis eingeschränkt aufgrund seiner Stellung zu den Gläubigern und der Aufsicht durch das Gericht. Diese Tätigkeit unterfällt nicht dem deklaratorischen Ausschluss, wenn er als Insolvenzverwalter unternehmerische Entscheidungen trifft. Es besteht hierfür Versicherungsschutz.
In Abgrenzung hierzu besteht jedoch dann nicht mehr Versicherungsschutz, wenn die Insolvenzverwaltung des Betriebes vollständig in den Hintergrund getreten ist und der Insolvenzverwalter echte unternehmerische Zwecke verfolgt. Rein unternehmerisches Handeln liegt vor und damit eine nicht versicherte Tätigkeit, wenn die leitenden Entscheidungen nicht vom Insolvenzzweck geprägt, sondern auf einen gewinnbringenden Überschuss gerichtet sind. Dies gilt beispielsweise, wenn der Insolvenzverwalter aktiv die Geschäfte übernommen hat, indem er persönlich nach außen wie ein Leiter des Unternehmens auftritt.
Unabhängig von dieser Differenzierung nach Unternehmer und Insolvenzverwalter erweitert der Teil den Versicherungsschutz. Ausdrücklich besteht Versicherungsschutz für Haftpflichtansprüche wegen Schäden aus einer kaufmännischen Kalkulations- oder Organisationstätigkeit bis zur Höhe der vereinbarten Versicherungssumme, maximal in Höhe von 2.000.000 Euro.
Darüber hinaus kommt es wieder auf die oben genannte Differenzierung an. Ausgeschlossen bleiben aber Ansprüche aus einer Spekulationstätigkeit, zum Beispiel aufgrund der Anlage von privatem oder Unternehmens- und Betriebsvermögen in Vermögenswerte mit spekulativem Charakter, wie zum Beispiel Derivate, Aktien und Optionsscheine.
Der Insolvenzverwalter haftet für das Fehlverhalten Dritter. Die Bedingungen folgen der Haftung. Es besteht Deckungsschutz für den Insolvenzverwalter aufgrund des Fehlverhaltens seiner Erfüllungsgehilfen. Nach neuester Rechtsprechung fallen unter die Erfüllungsgehilfen auch selbständige Berater im Sinne des § 5 InsVV wie Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer. Wenn der Insolvenzverwalter zur Erfüllung seiner Pflichten diese Berater einschaltet, haftet er nach dem BGH demnach nicht mehr nur für ein Auswahlverschulden, sondern auch für deren Fehler. Der Anwalt in der Funktion als Insolvenzverwalter sollte daher seine externen Dienstleister regelmäßig kontrollieren. Zu beachten ist, dass bei einer Haftung des Insolvenzverwalters für seine Erfüllungsgehilfen der Versicherer einen Regressanspruch gegen den Dienstleister hat. Der Dienstleister selbst gilt nicht als versichert. Die Berater müssen hier selbständig prüfen, ob für ihre Tätigkeit Versicherungsschutz besteht.
Versichert sind Ansprüche wegen Fehl- oder Doppelüberweisungen sowie Fehlern bei der Auszahlung der Insolvenzquote und der Abrechnung des Insolvenzgeldes.
Voraussetzung ist, dass der Insolvenzverwalter aufgrund einer gesetzlichen Haftpflichtbestimmung in Anspruch genommen wird. Versichert ist deshalb der Anspruch eines geschädigten Beteiligten, wenn der Insolvenzverwalter bei dem Zahlungsfehler eine insolvenzspezifische Pflicht verletzt hat. Kein Versicherungsschutz besteht daher für einen Anspruch aufgrund von Zahlungen auf ein Anderkonto des Insolvenzverwalters. Zahlungen hierauf fallen nicht in die Masse. Anders regelmäßig, wenn der Insolvenzverwalter das Insolvenzschuldnerkonto fortführt. Zahlungen hierauf fallen in die Masse. Bei einer Haftung aufgrund einer insolvenzspezifischen Pflichtverletzung besteht Versicherungsschutz.
Die besonderen Bedingungen erweitern den Versicherungsschutz auf öffentlich-rechtliche Ansprüche. Mitversichert sind Ansprüche aus §§ 34, 69 AO und vergleichbaren Fällen der persönlichen Haftung wegen Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen.
Der Versicherungsschutz umfasst auch die Ansprüche, die sich daraus ergeben, dass der Insolvenzverwalter Versicherungsverträge nicht oder nicht ordnungsgemäß abgeschlossen, erfüllt oder fortgeführt hat, außer der Insolvenzverwalter hat davon bewusst abgesehen.
Versicherungsverträge in der Insolvenz des Versicherungsnehmers sind in aller Regel beiderseits nicht vollständig erfüllt, weil der Versicherungsnehmer die Prämien nicht gezahlt hat. Der Insolvenzverwalter kann die Erfüllung wählen und muss dafür ab Eröffnung des Verfahrens aus der Masse die Prämien zahlen, § 103 InsO. Gerade Fehler der Geschäftsleitung führen regelmäßig zur Insolvenz. Mögliche Schadensersatzansprüche können über D&O-Versicherungen gedeckt sein. Eine Pflichtverletzung gemäß § 60 InsO des Insolvenzverwalters kommt in Betracht, wenn dieser unabgestimmt und ankündigungslos die für den Geschäftsführer bestehende D&O-Versicherung beendet. Der Versicherungsschutz sollte daher auch die Ansprüche umfassen, die sich daraus ergeben, dass der Insolvenzverwalter Versicherungsverträge nicht oder nicht ordnungsgemäß abgeschlossen, erfüllt oder fortgeführt hat. (Rechtsanwalt Dr. Stefan Riechert, Allianz Versicherung, München, 2016)
Rechtsanwalt Dr. Stefan Riechert, Allianz Versicherung, München. (2016). Deckung des Anwalts als Insolvenzverwalter. Anwaltsblatt, S. 924-927.
Ich möchte mich ganz herzlich bei dem Autor RA Dr. Stefan Riechert und dem Verlag Deutscher Anwaltsverein bedanken, dass ich unter Angabe der Quellen Teile des Artikels für den Blog nutzen darf.
Wenn etwas gut erklärt wird, dann muss m.E. nicht alles zwei Mal erfunden werden. Die Ausführungen des RA Dr. Stefan Riechert sind für den Leser klar und verständlich. Daher habe ich mich dazu entschieden, mehrere Bausteine in den Artikeln zu verwenden.